Cognac & Biskotten existiert seit mittlerweile 28 Jahren in Tirol. Zum einen ist es ein gemeinnütziger Literaturverein (mit vielfältigsten, spielerischen Literatur-Aktivitäten im engeren, wie auch weiteren Sinn) und zum anderen ein Literaturmagazin, das von Ausgabe zu Ausgabe sein Thema, sein Format und den Präsentationsort der jeweiligen Ausgabe wechselt. Mit all seinen Aktionen, Projekten und Aktionen war Co & Bi immer positiv denkend unterwegs. Auch in einer Welt, in der man/frau den Glauben an das Gute verlieren könnte, angesichts von Kriegen, Klimakrise, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen, Corona-Nachwehen … Steht die Welt am Abgrund? Ist alles kaputt? „Alles am Arsch“?
Für die 44. Ausgabe unseres Literaturmagazins werden daher mehrdimensionale, vielfältige, originelle Herangehensweisen der literarischen Kurz-Texte gesucht, die sich des Themas / Mottos „Alles Kacke?“ annehmen, um einerseits eine Bestandsaufnahme der Gegenwart abzuliefern. Andererseits soll diese spezielle Ausgabe in Form von bedrucktem Klopapier auch dem Umgang mit Körperausscheidungen gewidmet sein. Jene im Gegensatz zur Nahrungsaufnahme tabuisierten Absonderungen, die jedoch ebenfalls lebensnotwendig und Teil des täglichen Daseins sind. Noch dazu ist bekanntlich im Darm der Sitz des Immunsystems zu finden …
Die Literaturgeschichte hat viele Anknüpfungspunkte an dieses Thema aufzuweisen. Das Wasserklosett wurde 1596 vom Dichter Sir John Harington erfunden. Autoren und SchriftstellerInnen thematisieren seit jeher Ausscheidungsvorgänge und ideenanregende Abortsitzungen. Von Günter Grass bis Charlotte Roche. Von Handke bis Dürrenmatt wurde in der einen oder anderen Weise darüber geschrieben.
Erlebnisse und das Leben selbst werden von Literatur, verdaut, verstoffwechselt und somit verwandelt. Es gibt zahlreiche Parallelen und verbindende Elemente zwischen der Literatur und der Exkretion. Beispielsweise verleiben sich Bücherwürmer fette Schinken sogar auf der Toilette sitzend ein. Allerdings: wie wird jener wieder ausgeschieden? Außerdem beinhaltet recyceltes Toilettenpapier mit Sicherheit mikrokleine Textfragmente, also literarisches Material.
Cognac & Biskotten als die wohl außergewöhnlichste Literaturzeitschrift der Welt, denn sie erscheint von Ausgabe zu Ausgabe in einem anderen Format, ist beispielsweise bereits als Wundertüte, Konservendose, Lineal, Straßenbahn, Tattoos, Fahne, Schallplatte oder Papierflieger erschienen. Diesmal werden die eingereichten Kurztexte auf Klopapier gedruckt und die literarische Klorolle wird im wahrsten Sinne berührende Literatur darstellen.
Ein Gebrauchsgegenstand wird zum Kunstwerk und taucht tief in den intimen Alltag der Menschen ein. Stille Wörtchen, exkrementische Experimente und crazy Shit wird darauf vielleicht Platz finden, hoffentlich aber kein ekelhafter, literarischer Shitstorm. Sondern im besten Sinne eine vielfältige Klo-Lektüre und zugleich ein weiteres Beispiel dafür wie leichtfüßig Literaturvermittlung sein kann.
Cognac & Biskotten hat in den letzten drei Jahrzehnten im Zuge seiner Ausgabenpräsentationen unzählige besondere Orte in Innsbruck künstlerisch bespielt, vom größten Luftschutzstollen am Inn, dem Tivolistadion alt und neu, der ursprünglichen Hauptpost, der IVB-Remise, dem gesamten Schloss Ambras bis hin zu einem Waschsalon, einem Kindergarten oder einem Umspannwerk oder der Bergiselschanze. Im Herbst 2025 soll in Kooperation mit der IKB nun ein spezieller urbaner, sehr geruchsintensiver Ort für einen kulturellen Rundgang innovativ genutzt werden: die Kläranlage Roßau.
Rechen fischen dort groben und feinen Unrat aus der trüben Brühe. Ein komplexes System aus mechanischen, physikalischen, biologischen, chemischen Verfahren wird in verschiedenen Stufen eingesetzt, um zu separieren, zu säubern, aufzubereiten, zu beleben, zu entsorgen, somit das Wasser zu klären.
Übrigens ist das Wort „klären“ vielschichtig deut- und verwendbar: es kann eine Frage geklärt werden oder ein Fall. Eine Angelegenheit oder die Gedanken. Einen Begriff oder die Bedeutung einer Sache. Oder jemanden (in der Jugendsprache) und eben das dreckige Wasser (um das wichtigste aller Lebensmittel wieder in Umlauf zu bringen).
Auf jeden Fall wird etwas ins Reine gebracht, für klare Verhältnisse gesorgt. Auch im übertragenen Sinne, wenn von Klärung gesprochen wird. Ein Klärwerk kann nämlich auch metaphorisch betrachtet werden. Welche gesellschaftlichen Klärwerke gibt es, um verworrene Situationen und gespaltene Verhältnisse zu bereinigen bzw. das Miteinander zu fördern. Braucht es abermals ein kosmisches Klärwerk, um die Probleme der Zeit zu ändern?
Kann Kunst und Literatur einen Beitrag leisten gesellschaftliche Unklarheiten zu beseitigen und wieder mehr aufeinander zuzugehen? Gibt es künstlerische, literarische Klärwerke. Auch davon können die literarischen Beiträge erzählen, die eingereicht werden. Oder von klärwerkspezifischen Bereichen wie dem Abwassermonitoring, wo Krankheiten oder Drogen erfasst werden. Grundlegend sollen die Texte allerdings zur „literarischen Toilettenrolle“ (Arbeitstitel), wie auch zum Klärwerk passen.
Schickt uns also zum Thema / Motto „Alles Kacke?“ Eure selbstverfassten Kurztexte mit einer maximalen Textlänge von 140 Zeichen inkl. Leerzeichen (bitte an texte(AT)cobi.at inkl. Daten: Name, Adresse, Geburtsdatum und Kurzvita = alles in einem Dokument / plus einen Hinweis wie Ihr auf unsere Ausschreibung gestoßen seid) und möglichst unformatiert, die auf unserer neuen Ausgabe „Das literarische Toilettenpapier“ Platz finden sollen. Diskriminierende, menschenverachtende Beiträge werden übrigens sofort auf den Misthaufen geworfen 😉
Es winken eine Veröffentlichung in / auf der Ausgabe Nr. 44 und ein Belegexemplar. Außerdem werden rund 10 AutorInnen als Lesende zur Präsentation (mittels Lese-Rundgängen) eingeladen. AutorInnen, die eingeladen werden, verpflichten sich den eingereichten Kurztext auf eine Lese-Länge von ca. 1-3 Minuten (in Absprache mit der Jury) auszubauen. Dafür winkt je Einladung ein kleines Lese-Honorar.
Deadline: 06. Juni 2025 (23:59 Uhr)